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2. Projektjahr

Schülerschule / Schülergeschichtspark

Schülerschule – Schüler unterrichten sich selbst!

Eingeleitet durch den erfolgreichen Gastunterricht der Kasseler Schülerlehrer in Grossalmerode vereinbarten wir für die zweite Staffel der Schülerschule eine Zusammenarbeit mit der dort ansässigen Valentin-Traudt-Schule, einer kooperativen Gesamtschule, die von etwa 500 Schülerinnen und Schülern als freiwillige Ganztagsschule besucht wird. Auch hier gelang der Einstieg als außerschulischer Träger nahezu mühelos, weil von Schulseite aus a) der Direktor sich grundsätzlich als Motor für die Öffnung von Schule versteht, b) der vorjährige Gastunterricht unserer Kasseler Schülerschule in der Klasse des pädagogischen Leiters stattfand und c) mit einer jungen Haupt- und Realschullehrerin eine engagierte Verantwortliche bereit stand.

Von Schülerseite fanden sich für die zweite Staffel 4 Schülerinnen einer 8. Hauptschulklasse, die als Schülerschule in verschiedenen Klassen der Jahrgangsstufen 7-10 über die Durchführung des erprobten 3-stündigen Planspiels zum Thema Globalisierung Unterricht erteilten und dafür wie gehabt im Projektrahmen geringfügig entlohnt wurden.

Die Lehrreife des Angebotes und die Qualifikation der Schülerlehrer wurde über vier Stationen entwickelt:

  • In der 8. Hauptschulklasse der o.g. Lehrerin warben wir als Projektleitung im Losverfahren um Mitarbeit und gründeten mit 4 interessierten Schülerinnen die Schülerschule.
  • Im Rahmen einer wöchentlichen Arbeitsgemeinschaft bildeten wir die Schülerinnen inhaltlich zum Thema Globalisierung aus und übten mit neu erarbeiteten Texten die Durchführung des Planspiels ein.
  • Die Schülerinnen gestalteten Projekt-T-Shirts und einen Werbeflyer nach ihren eigenen Entwürfen.
  • In der Lehrer-Gesamtkonferenz stellten sie sich als Schülerschule vor und warben um Buchungen durch die Fachlehrer.

Im Ergebnis wurde die Schülerschule im zweiten Projektjahr 5 mal gebucht und stieß, den Auswertungsbögen der beteiligten Klassen folgend, auf hohe Zustimmung und sehr positive Reaktionen. Die Ausbildung der 4 Hauptschülerinnen zu Schülerlehrern nahm im Vergleich zu den Realschülern aus Kassel (trotz deren Sprachproblemen) mehr Zeit in Anspruch und so manche pfiffige Idee unserer Vorbereitungsphase fiel der eingeschränkten Flexibilität oder dem mangelnden Mut der Mädchen zum Opfer. Für die Stabilität des Angebotes war die hohe Verläßlichkeit der Schülerlehrerinnen ausschlaggebend, die sich quasi als Freundinnen für das Projekt bereit erklärt hatten. So waren z.B. Terminverschiebungen jederzeit rasch zu organisieren, denn die Mädchen kamen aus dem gleichen Dorf (Schulradius beträgt ansonsten etwa 20 km) und verbrachten dort als Mitglieder der Karneval-Tanzgruppe auch gemeinsam Freizeit. In ihren Antworten für das projektabschließende Interview spiegeln sich die Einstiegsängste der Mädchen und deren Überwindung über erfolgreich absolvierte Unterrichtseinheiten:

  • Weil es Spass macht. Ich hätte es auch ohne Geld gemacht. Die Schülerschule (aus Kassel, Anm. Verfasser) war bei uns in der Klasse  und haben uns gefragt, ob wir mitmachen wollen.
  • Ich hatte Angst, das einem die Schüler nicht zuhören und nicht beachten.
  • Wir waren in Klassen, wo wir die Schüler und die uns nicht leiden konnten, aber sie haben auf uns gehört. Das war interessant zu erleben.
  • Es hat Spaß gemacht die Schüler hin und her zu scheuchen.
  • Auf unserer Schule hatten manche Schüler vorher keine Achtung vor einem und waren dann zu einem freundlicher im Planspiel und danach auch noch.
  • Manchmal ist es schwer sich durchzusetzen. Das es etwas anderes ist vorne zu stehen und etwas zu erklären als nur zuzuhören. Man fühlt sich größer. Man hat eine wichtige Aufgabe dabei, den Schülern etwas zu vermitteln.
  • Generell, was wir über die Globalisierung gelernt haben. Das wusste ich vorher nicht. Das sprechen vor einer größeren Gruppe von Leuten. Wie man gut Wissen vermittelt.

Neben der Schulscharnierrolle der Lehrerin im Bildungstandem Schule/Jugendarbeit (das besonders effektiv ist, wenn man sich ganz einfach mag) kristallisierte sich strukturell die Alterspyramide als eine interessante Gelingensbedingung für die Zusammenarbeit zwischen Jugendarbeit und Schule heraus. Abnehmende Schülerzahlen zwingen die Schulen in einen Konkurrenzkampf um neue Schüler der in den Elternhäusern entschieden wird. Dauerhaft durchsetzen werden sich hier nur Schulen mit attraktiven Ganztagskonzepten, in deren Bildungszielen die Eltern die Individualität ihrer Kinder aufgehoben wissen. Je vielfältiger und bunter sich also Schule präsentieren kann, desto breiter gelingt die Zielgruppenansprache. Die Valentin-Traudt-Schule in Großalmerode ist auf diesem Weg erfolgreich, zog deshalb unser außerschulisches Angebot ganz selbstverständlich „an Land“ und unterstützte als Schullleitung schon dadurch wesentlich, das sie für das jeweils dreistündige Planspiel passgenau in der Stundentafel Platz schuf.