
1. Projektjahr
Schülerschule / Schülergeschichtspark
Mit zwei ganz unterschiedlichen Ansätzen will unser Modellprojekt die Anschlussfähigkeit von schulischer und außerschulischer Bildung verbessern. Das Teilprojekt „Schülerschule“ beteiligt sich mit dem Angebot einer schülergestützten Lehrplaneinheit direkt am Regelunterricht der Schule, während der Ludwigsteiner „Schülergeschichtspark“ lehrplanergänzend erlebnisorientierte Kompaktprogramme im Rahmen von Projektklassenfahrten anbietet.
Schülerschule – Schüler unterrichten sich selbst!
Die Idee, Schüler stärker in das System Schule einzubeziehen, ist nicht neu. Ob Schülervertretung, Schülerfirma oder Schülercafeteria – in der Regel wollen solche Initiativen Identifikation zwischen Schülern und ihrer Schule stiften. Der Bereich des Unterrichts bleibt dabei in der Regel Hoheitsgebiet des Lehrkörpers. Schülerschule dringt hier nun freundlich ein und organisiert im kleinen Rahmen Unterricht von Schülern für Schüler. Partizipation in höchster Dosis – klappt das?
Für die Pilotstaffel von „Schülerschule“ vereinbarten wir eine Zusammenarbeit mit der Carl-Schomburg-Schule aus Kassel. Die „CSS“ ist eine kooperative Gesamtschule, die von etwas 600 Schülerinnen und Schülern aus 25 Nationen als Ganztagsschule besucht wird. Unterstützt von der Direktorin gewannen wir eine Lehrerin im Vorbereitungsdienst (LiV), die das Projekt mit ihrer 9. Realschulklasse im Rahmen ihres Pflichtmoduls „Schule mitgestalten und entwickeln“ betreute.
Auf der Suche nach einer gemeinsamen Spurbreite zwischen Schule und außerschulischer Bildung kam es zu einer Pragmatisierung der Ursprungsidee. Wir ersetzen das zuerst für den Nachmittag angedachte offene Angebot der Schülerschule durch ein konkretes Angebot für die Stundentafel des Regelunterrichtes. In Anbetracht unserer begrenzten Zeitfenster für die Vorbereitung unserer Schülerlehrer (Schule ist oft ein hastiger Ort) verwarfen wir ebenso den Plan, die Schülerschule mit einer vielfältigen Angebotspalette auszustatten. Unser Ziel musste ein konfektioniertes, wiederholbares Lehrmodul mit einer maximalen Fächerschnittmenge sein. Zuletzt wählten wir für alle geplanten Aufbauschritte der Schülerschule einfachste Methoden, um den Eigenanteil der Schüler am Projekt Schülerschule zu gewährleisten.
Konkret handelt es sich bei der Schülerschule an der CSS um 3 Schülerinnen und 3 Schüler einer 9. Realschulklasse, die in verschiedenen Klassen der Jahrgangsstufen 7-10 Unterricht erteilen. Der Unterricht besteht aus der Durchführung eines 3-stündigen Planspiels zum Thema Globalisierung. Die Inhalte des Planspiels lassen sich an den Unterrichtsstoff der Fächer Geographie, Geschichte, Politik und Wirtschaft und sogar Mathematik anknüpfen und tatsächlich wird die Schülerschule mit ihrem Angebot direkt von den Fachlehrern gebucht. Für ihre Lehrtätigkeit werden die Schülerlehrer im Projektrahmen geringfügig entlohnt.
Die Lehrreife des Angebotes und ihrer jugendlichen Protagonisten wurde über fünf Stationen entwickelt:
- In der erwähnten 9. Realschulklasse warben wir als Projektleitung um Mitarbeit und gründeten mit 6 interessierten Schülern und Schülerinnen die Schülerschule.
- Im Rahmen einer Nachmittags-AG entwickelten wir gemeinsam ein lehrplannützliches Planspiel zum Thema Globalisierung und verständigten uns über Rolle und Außendarstellung der Schülerlehrer.
- In der Lehrer-Gesamtkonferenz stellten die Schülerlehrer das Projekt vor und warben um Buchungen durch die Fachlehrer.
- Mit Hilfe aller LiV's der CSS führten die Schülerlehrer eine Generalprobe ihres Unterrichts durch.
Im Ergebnis wurde die Schülerschule im ersten Projektjahr fünf Mal gebucht und damit ein breiter Teil der Schulgemeinde für die Projektidee gewonnen. Das Projekt erzeugte und unterstützte deutlich sichtbar eine positive Lernhaltung bei den Zielklassen und den Schülerlehrern. Die Akzeptanz der Schülerlehrer bei den Klassen war verblüffend - Partizipation Pur. Ein interessanter Crossover-Effekt trat ein, als die Realschüler der Schülerschule gleichaltrige Gymnasiasten unterrichteten und auch in ihren Reflexionen betonten unsere sechs Schülerlehrer immer wieder, wie stolz und angenehm es sei, anderen etwas beizubringen. Höhepunkt und zugleich Abschluss der ersten Staffel war ein Gastunterricht der Schülerschule an der Valentin-Traudt-Gesamtschule in Großalmerode.
Die wesentlichste Gelingensbedingung war bis hierher zweifellos die Scharnierrolle der Lehrerin im Vorbereitungsdienst in Bezug auf die aus außerschulischer Perspektive doch sehr ungewohnten Inhalte, Abläufe und Befindlichkeiten eines Schulkörpers. Diese Arbeitskooperation wurde zum Türöffner für das im Normalfall brisante „Eindringen“ in den Stundenplan des Schulvormittags.
Die Geschmeidigkeit mit der die Schülerschule sich an schulischen Abläufen orientierte, ließ die Wahrnehmung der Jugendbildungsstätte als außerschulischen Initiator allerdings in den Hintergrund treten. Große Reserven hat das Schülerschule-Projekt bei der inhaltlichen Einbettung des Planspiels Globalisierung. Hier sollen Vor- und Nachbereitungsmodule für die Fächer Geschichte und Geographie sowie Politik und Wirtschaft entwickelt werden.