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Abschnittsbild

2, Projektjahr

Hessischer Jugendring

Servicestelle für Jugendarbeit und Ganztagsschule

Bestandsaufnahme/Bedarfserhebung

Basierend auf der umfassenden Bestandsaufnahme und Bedarfserhebung aller zehn im Kreisjugendring vertretenen Jugendverbände sowie aller 26 Schulen, die zu diesem Zeitpunkt nach dem Ganztagsschulprogramm nach Maß anerkannt waren, wurden grundlegende Aussagen über die jeweilige Organisationsstruktur und Leitmotive sowie über bisherige Erfahrungen und Wünsche in der Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern erfasst.

Das zentrale Ergebnis der Bestandserhebung bestand darin, dass ein enormer Bedarf an der Vermittlung kooperationsspezifischer Themen und Inhalte, sowie der fachlichen Qualifizierung und Beratung der handelnden Personen auf außerschulischer sowie schulischer Seite bestand.

Im zweiten Projektjahr wurde daher der Arbeitsschwerpunkt der Servicestelle auf die Qualifizierung der Akteure von Kooperationen gelegt.

Organisationsübergreifende Qualifizierungsreihe

Die Qualifizierungsreihe wurde in einem Drei-Schritt konzipiert:

Zunächst sollten im Rahmen einer Veranstaltung rechtliche Grundlagen vermittelt werden, dann sollte ein mehrtägiger Workshop zur Themenstellung „Von Angeboten der außerschulischen Jugendbildung hin zu Ganztagschulkonzepten“ stattfinden, an den sich dann die individuelle Beratung, Begleitung und Qualifizierung verschiedener Verbände anschloss.

Im Januar 2008 fand die organisationsübergreifende Informationsveranstaltung mit dem Titel „Alles was Recht ist“ statt. Gemeinsam mit dem Kultusministerium und der „SAG ganztägig lernen“ wurden die Teilnehmer/innen über die rechtlichen Grundlagen von Kooperationen in Kenntnis gesetzt.

Zudem bot die Servicestelle den Workshop „Wege und Visionen – von Angeboten der außerschulischen Bildung hin zu Ganztagsschulkonzepten“ für Vertreter/innen der Jugendverbände an. Zentrales Thema des Workshops war die Frage nach Chancen und Hindernissen bei der Zusammenarbeit mit Ganztagsschulen mithilfe eines visionären Zugangs. Ausgangspunkt war die jeweils eigene Jugendarbeit und Verbandsidentität. Gleichzeitig sollte in dieser gemeinsamen Veranstaltung die Möglichkeit zum Austausch mit anderen Verbandsvertreter/innen ermöglicht werden. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Aktivitäten und der Herangehensweise an Schulkooperationen sollten das Gefühl vermitteln, kein Einzelkämpfer zu sein.

Neben den beschriebenen institutionsübergreifenden Qualifizierungsangeboten, wurden in 2008 individuelle Beratungsmaßnahmen und eine verbandsspezifische Qualifizierung angeboten und nachgefragt. Es erfolgte die gezielte Einzelberatung und Unterstützung von Jugendverbänden (Jugendbildungswerk der AWO, BDKJ, DLRG Jugend, Evangelische Jugend, Feuerwehrjugend, Sportjugend). In den individuellen Beratungsmaßnahmen wurden vorrangig die Themen „Erhalt der eigenen Verbandsidentität“, „Themenfindung und Erstellung von Konzepten für Angebote an Schulen“ und „Akquise und Qualifizierung von Honorarkräften“ in Austausch zwischen Servicestelle und dem jeweiligen Verband erarbeitet. Daraus ergaben sich schließlich erste konkrete Kooperationsanbahnungen und in einigen Fällen auch die erfolgreiche Umsetzung

Konzeptionelle Weiterentwicklung des Projektes

Die Ansiedelung der Servicestelle beim Kreisjugendring Offenbach führte trotz aller Bemühungen nicht zu der erhofften engen Zusammenarbeit mit den einzelnen Verbänden. Dies lag vor allem daran, dass die Verbände im Kreisjugendring Offenbach einen eher losen Zusammenschluss bilden, um vor allem rechtliche und finanzielle Belange gemeinsam nach außen zu vertreten. Für eine enge inhaltliche und konzeptionelle Zusammenarbeit mit den Verbänden reichte die Anbindung an den Kreisjugendring nicht aus. In Gesprächen mit einzelnen Verbandsvertreter/innen kristallisierten sich zudem konkrete Schwierigkeiten heraus, die die Verbände im Hinblick auf ein neues Arbeitsfeld Ganztagsschule sahen. Die wichtigsten Punkte waren Zeitmangel und Unerfahrenheit für dieses neue Aufgabenfeld, Probleme in der Akquise von Teamer/innen, sowie die Angst vor Verlust der eigenen Verbandsidentität. Diese Problemstellungen sind wie schon angedeutet innerhalb bzw. nah am Verband am ehesten erfolgreich zu bearbeiten. Aus diesem Grund wurde in Ergänzung zu der bisherigen Arbeit der Servicestelle als Maklerin und Beraterin eine zweite Projektstelle (Wochenarbeitszeit: 19,25 Stunden) eingerichtet. Diese beschäftigte sich schwerpunktmäßig mit der transferorientierten Aus- und Weiterbildung und Praxisbegleitung der Verbandsakteure, sowie der Entwicklung modularer Projektangebote. Ziel war es, die handelnden Personen innerhalb der Jugendverbände noch gezielter individuell zu unterstützen, zu beraten und zu qualifizieren, als auch Wege zur Integration dieses neuen Arbeitsfeldes in die Verbandsstrukturen aufzuzeigen. Die Entwicklung und Erprobung von verbandsnahen Projektmodulen in Anlehnung an schulische Lehrreihen sollte außerdem das Selbstverständnis der Jugendverbände stärken und das schulische Verständnis für außerschulische Jugendarbeit fördern. Der Wirkungskreis der Servicestelle wurde zudem auf weitere ausgewählte Regionen ausgeweitet.

Grundqualifizierung

Gemeinsam mit hauptamtlichen BildungsreferentInnen ausgewählter Verbände wurden verbandsspezifische Konzepte für die Grundqualifizierung von Teamer/innen entwickelt, die später Projektangebote an Schulen anbieten. Die Konzepte orientieren sich in Dauer und Inhalten an den Standards zum Erwerb der JugendleiterInnenCard, die durch schul- und trägerspezifische Einheiten ergänzt wurden. Folgende Module sind darin enthalten:

  • Strukturen, Arbeitsweise und Leitidee des Trägers
  • Gruppenpädagogische Grundlagen
  • Lernphysiologische und –psychologische Grundlagen
  • Entwicklungspsychologische Grundlagen
  • Kommunikative und interaktive Kompetenzen
  • Rolle und Selbstverständnis von Teamer/innen
  • Rechtliche Grundlagen
  • Methodentraining
  • Konzepterstellung „Von der Idee zum Projektangebot“

Insgesamt wurden 2009 drei Schulteamer-Grundqualifizierungen durchgeführt.

Weiterbildung

Neben der grundlegenden Qualifizierung bedarf es einer kontinuierlichen bedarfsorientierten Weiterbildung. Diese wurde zumeist in Tagesveranstaltungen angeboten. Themen waren hier das weitere Kennenlernen von Projektmethoden,  der Umgang mit Konflikten bzw. Konfliktprävention als auch Sprech- und Präsenztraining. Weiterhin könnte die inhaltliche Auseinandersetzung mit möglichen Projektthemen Gegenstand von Weiterbildungen sein. Außerdem nahmen die Teamer/innen an einem Erste-Hilfe-Kurs außerhalb des Verbandes teil.

Praxisbegleitung

Die Projektangebote werden im Auftrag des jeweiligen Verbandes von Teamer/innen durchgeführt, die diese Tätigkeit nebenberuflich ausführen und in der Regel keine staatlich anerkannte pädagogische Profession besitzen. Die Teamer/innen sind zum Beispiel Jugendgruppenleiter/innen aus dem Verband, aber auch externe Honorarkräfte. Für diese Zielgruppe ist es wichtig sicherzustellen, dass Inhalte aus der Grundqualifizierung und Weiterbildung in der Praxis angewendet werden und sie sich mit anderen Teamer/innen austauschen können. Hierfür wurden verschiedene Elemente zur Praxisbegleitung in den Verbänden implementiert.

  • Bereitstellung von Instrumenten für die konzeptionelle Arbeit und Reflektion
  • Unterstützung bei der Konzepterstellung
  • Gemeinsame Vorbereitung und Begleitung zum Kooperationsgespräch mit der Kooperationsschule
  • Coaching
  • Beratung bei konkreten Konflikten
  • Teamtreffen zur Netzwerkbildung und Austausch

 

Auswertung

Die Qualifizierung der Akteure in den Verbandsstrukturen hat sich als erfolgreicher Ansatz erwiesen, der einen nachhaltigen Aufbau des neuen Arbeitsgebietes Kooperation Jugendverband und Schule in den Jugendverbänden unterstützt. Die beteiligten Kooperationspartner haben Interesse bekundet im Bereich Kooperation Jugendarbeit und Ganztagsschule aktiv zu bleiben.

Die Akteure in den Verbandstrukturen waren zum einen hauptberufliche Bildungsreferent/innen, die die Aus- und Weiterbildung und Praxisbegleitung der Teamer/innen in Zukunft gewährleisten sollen als auch Ansprechpartner/innen für Kooperationsschulen sind. Zum anderen stellten die Teamer/innen eine Zielgruppe dar, für die exemplarische Maßnahmen zur Qualifizierung konzipiert und durchgeführt wurden. Sowohl die Teamer/innen, die an den Qualifikationen teilnahmen als auch die koordinierenden und „lehrenden“ Akteure in den Verbänden bewerteten die Bausteine der Qualifizierung (Grundqualifizierung, Weiterbildung, Praxisbegleitung) als notwendig und hilfreich. Von den Bildungsreferent/innen wurden zudem das Beratungsangebot zum Aufbau von Kommunikationsstrukturen und die konkrete Anbahnung von Kooperationen mit Schulen sehr gut angenommen.

Für die Verbände als auch die Schulen bestand Beratungsbedarf in Bezug auf den Anbahnungsprozess von Kooperationen (rechtliche, finanzielle Fragen, Kommunikationsstrukturen herstellen). Vor allem Schulen erlebten einen intensiven Lernprozess, da ein intensiver Austausch zwischen den Kooperationspartnern zwar gewünscht und als notwendig erachtet wurde, aber durchaus ein Umdenken in Bezug auf die  Arbeitsweise notwendig machte. An dieser Stelle stellten die hauptberuflichen Koordinator/innen der Verbände ein wichtiges Bindeglied dar. Zumeist gehen sie initiativ auf die Schulen zu, bauen Kommunikationsstrukturen auf und koordinieren die Kooperationen zwischen Schule, Verband und dessen Teamer/innen.

Darüber hinaus stellte sich die Begleitung der zumeist jugendlichen Teamer/innen hin zu einem eigenständigen Agieren an den Schulen als wichtig heraus. 

An den Stellen, wo es zu einer Zusammenarbeit zwischen Jugendverbänden und Schule kam, wurde diese von allen Beteiligten positiv bewertet (Schule, Verband, Teamer/innen).

Zukunftsperspektiven/Entwicklung einer Modellkonzeption

Auf Grundlage der Ergebnisse und Auswertung der Erfahrungen im Projekt hat der Hessische Jugendring ein sogenanntes Trägermodell zur künftigen Kooperation von außerschulischen und schulischen Partnern entwickelt.

Ein ideales Modell zur Kooperation von Jugendarbeit und Schule setzt einen qualitativen Anspruch aller Beteiligten voraus. Für die Transferleistung der beiden bisherigen Systeme hin zu einer neuen Säule der Ganztagsbildung müssen allem voran die Kommunikationsstrukturen verbessert werden. Durch die Schaffung eines eigenen Arbeitsbereichs über das bisherige Kerngeschäft hinaus und mit entsprechender Hauptberuflichkeit werden Jugendverbände dazu befähigt. Eine Servicestelle - direkt im Verband angesiedelt und durch ein hessisches Landesprogramm gefördert -  kann Angebote konzeptionieren, aufbauen und durchführen. Die Schulen sind durch mehr Selbständigkeit und eigenen Etat zur Finanzierung der Angebote ebenfalls gestärkt für die Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern.

Die Modellkonzeption findet sich derzeit in Diskussion und Abstimmung mit dem Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit und dem Kultusministerium.