
1. Projektjahr
In Offenbach wurden nach den Sommerferien 2007 mit intensiver Unterstützung der Jugendhilfe an drei Schulen je eine Ganztagsklasse eingeführt, zwei fünfte Klassen und eine siebte Klasse.
Übergeordnetes Ziel des Projektes ist es die Schulen bei ihrer Entwicklung hin zur Ganztagsschule zu unterstützen und modellhaft die Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule durch eine stärkere Verzahnung der Angebote und Lerninhalte voranzutreiben.
Sowohl für die Schulen als auch für uns als Jugendhilfe bzw. Jugendbildungsträger war die Einführung von Ganztagsklassen ein neues Terrain und entsprechend musste Raum für neue Erfahrungen und Entwicklungen eingeräumt werden. Für die neuen Herausforderungen sowohl auf der kooperativen, strukturellen als auch auf der schülerzentrierten Ebene wurden neue Wege ausprobiert und neue Ansätze und Lösungen gefunden.
Projektsteuerung
Motiviert durch den Anspruch nicht als nachmittägliche Ergänzung zur schulischen Bildung sondern als eigenständige pädagogische Bildungsinstanz zu arbeiten wurde sehr bald deutlich, dass das Modellprojekt auf der kooperativ-strukturellen Ebene einer übergreifenden Projektsteuerung bedarf.
Das Steuerungsmodell
Eine besondere Bedeutung bekam, im Jahr 2007, daher die Schaffung einer übergreifenden Projektsteuerung, in der die Projektziele und die Projektabläufe gesteuert und transparent gemacht wurden. Die zentrale Aufgabe des Steuerungsmodells ist es einen verlässlichen Rahmen zu schaffen, der Handlungs- und Kommunikationswege beschreibt.
Planungskonferenz
In einer ersten Planungskonferenz und der Steuerungsgruppe verständigten sich die Kooperationspartner (staatliches Schulamt, Schulleitungen und Fachlehrer der beteiligten Schulen, sozialpädagogischen Fachkräfte, Institut Memory, ISR und das Jugendamt-JBW), auf folgende Ziele:
- Abbau der Selbstwirksamkeitsdefizite
- Förderung individueller Lernpotenziale
- Optimierung von Lernerfolgen
- Lernprozessorientierter Unterricht
- ganzheitliche Förderung der Schülerpersönlichkeit
- Erprobung neuer Kooperationsformen zwischen Jugendhilfe und Schule
- Qualifizierung und weitere Professionalisierung von Lehrern und Sozialpädagogen durch gemeinsame Fortbildungen und begleitendes Coaching
- Entwicklung von Schulklasse hin zu einer kooperativen Lerngruppe
- Offene Unterrichtsformen/ Rhythmisierung des Unterrichts/ Projektarbeit
- Intensivierung der Elternarbeit
- Organisation eines Ganztagsprogramms in gemeinsamer Verantwortung zwischen Jugendhilfe und Schule
Umsetzung der Ziele:
1. Kontinuität durch den Einsatz von Honorarkräften
Auf der personellen Seite wurden für jede Klasse pädagogisch ausgebildete Honorarkräfte eingesetzt: pro Schule zwei Honorarkräfte. Eine Honorarkraft mit 19,5 Std./ je Schulwoche plus eine Honorarkraft mit 6,5 Std./ je Schulwoche.
Der Einsatz der Honorarkräfte soll über die 2 Jahre hinweg die zusätzliche Stunden für den Ganztag ausgleichen und darüber hinaus zum einen für Kontinuität und pädagogische Unterstützung sorgen z. B. bei der Rhythmisierung des Unterrichts, offener Projektarbeit zum anderen mit den zuständigen Klassenlehrern und Fachlehrern ein Klassenteam bilden, dass im regelmäßigen Austausch steht.
2. Die Bedeutung der Klassenteams
Der Einrichtung von Klassenteams kommt eine besondere Bedeutung zu, weil genau an dieser Schnittstelle die beiden Partner Schule/Jugendhilfe in konkrete Kommunikation treten müssen und ihre gemeinsame Arbeit bezogen auf die Klasse in Teamsitzungen planen und reflektieren müssen. Dieser wichtige und nicht immer konfliktlose Prozess wurde durch begleitende Teamsupervision in eine konstruktive Form gebracht.
3. Schülerzentrierte Unterstützung der Ganztagsschulklassen
Für die zwei Projektjahre wurde das Institut Memory engagiert. Memory führte in den drei Klassen prozessorientierte Lerntherapie und Diagnostik ein. Zu Beginn des Schuljahres im Sommer 2007 fanden Fortbildungen für die beteiligten Klassenteams statt. Das Kernstück der Lerntherapie ist die sogenannte tägliche „Förderstunde“, die in den Klassen eingeführt wurde. Es werden in dieser Förderstunde Mathe, Lesen und Schreiben geübt, jedoch mit dem Augenmerk auf die individuellen Wahrnehmungs- und Verarbeitungsprozesse des Schülers. Es geht nicht um die richtige Lösung sondern um das „Wie“ komme ICH überhaupt zu richtigen oder auch falschen Resultaten.
Bei der Durchführung einer Lerndiagnostik stellte sich heraus, dass die Schüler weit unter dem Anforderungsprofil liegen und ein curricularer Unterricht gar nicht möglich ist. So wurde der „normale“ Unterricht zeitweise zugunsten von Projektunterricht ausgesetzt. Der Projektunterricht wurde mit Unterstützung unserer Theater- und Kulturpädagogen, der Medien- und Musikpädagogen aufgeplant und durchgeführt. Die Schüler konnten hierbei neue Erfahrungen machen und Potenziale an sich entdecken, die sonst gar nicht angesprochen werden. Es entstanden beeindruckende Präsentationen, die die Schüler sehr stolz und mit neu erworbenem Selbstbewusstsein vorführten.
4. Qualifizierung und Fortbildungen
Für das kommende Schuljahr sind Fortbildungen in folgenden Thematiken geplant:
- „Umgang mit schwierigen Schülern“, Vortrag und regelmäßige Fallsupervision
- „Die Klasse ist eine dynamische Gruppe“, Workshop und begleitende Gruppenanalyse
- Best Practice: „Wie kann Ganztagsunterricht und offener Unterricht besser funktionieren“, z.B. Vortrag: „Vom Umgang mit der Lernzeit“,
Aussicht und Weiterarbeit
Unsere Hauptaufgaben und unsere Intentionen sehen wir in der Weiterentwicklung des Projektes bezogen auf Steuerung, Koordination, Impulssetzung und Qualifizierung, die als Orientierungen für eine gelungene Zusammenarbeit zwischen Schule und Jugendhilfe genutzt werden können.