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Abschnittsbild

1. Projektjahr

Viele (Lern)Orte – überall. Kooperative Gestaltung neuer Lern- und Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen.

Das Modellprojekt „Viele (Lern)Orte – überall“ basiert auf der sozialräumlich und schulorientierten Jugendarbeit des bsj Marburg. Aufbauend auf einem ganzheitlichen Bildungsbegriff wird es in enger Kooperation mit zwei ganztägig arbeitenden Schulen in Marburg durchgeführt. Dazu werden in erster Linie Partizipationsprojekte in den beiden Schulen sowie Projekte an verschiedenen außerschulischen Lernorten konzipiert und durchgeführt. Die beiden kooperierenden Schulen haben bezüglich ihrer Entwicklung zur Ganztagsschule jeweils einen eigenen Weg eingeschlagen.

Während die Richtsberg-Gesamtschule (RGS) als integrierte Gesamtschule einen für alle Schüler/-innen verbindlichen verlängerten Schulvormittag bis 15 Uhr eingeführt hat, hält die Theodor-Heuss-Schule (THS), als Grund-, Haupt- und Realschule mit Förderstufe ein freiwilliges Nachmittagsangebot vor.
In beiden Schulstandorten ging es im ersten Projektjahr vorrangig darum, das Projektvorhaben in den jeweiligen Schulkonzepten zu verankern, eine Akzeptanz bei Lehrerschaft und Schüler/-innen zu erwirken und erste Handlungsansätze umzusetzen.

Im Fokus stand dabei die Weiterentwicklung der SV-Arbeit. An der RGS wurde im Besonderen die Durchführung von Projekten an außerschulischen Lernorten weiter entwickelt, während an der THS die Förderung verlässlicher Kommunikationsstrukturen zwischen den beteiligten Kooperationspartnern in Form regelmäßiger Kooperationstreffen besonders in den Fokus genommen wurde.

Theodor-Heuss-Schule (THS)
In der Startphase des Projekts, Mai und Juni 2007, wurde an der Theodor-Heuss-Schule (THS) eine Zukunftswerkstatt mit 32 Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 5-10 durchgeführt. Zielsetzung der Zukunftswerkstatt war die Erarbeitung  positiver und negativer Aspekte der Schule aus Sicht der Schüler/-innen und das Entwickeln von Änderungsvorschlägen. Hierauf aufbauend wurden mehrere Arbeitsgruppen gegründet, wovon jedoch im Laufe des Schuljahres nur eine Gruppe arbeitsfähig blieb. Diese setzt sich für die Einrichtung eines sog. Chill-Rooms (Unter Chill-Room verstehen die Schülerinnen und Schüler einen Raum, der ihnen zur Verfügung steht, in dem sie sich ausruhen können und Hausaufgaben machen, bzw. ein Raum, der zur Freizeitgestaltung zur Verfügung steht. Ein Konzept zur Nutzung wird von den Schülern derzeit erstellt. ) ein. Die Chancen stehen gut, dass die Schule im kommenden Schuljahr 2008/ 2009 einen solchen Raum zur Verfügung stellen kann.

Schwerpunkt der Arbeit war im 1. Projektjahr die Unterstützung der Schülervertretung und ihrer Arbeit. Im Fazit muss jedoch festgestellt werden, dass die SV-Arbeit derzeit nur bedingt die Interessenlage der Schüler/-innen getroffen hatte. Es fanden hier nur einzelne Aktivitäten der Schülervertretung statt.

In einem konstruktiven Reflexionsprozess mit den verantwortlichen Schülerinnen und Schülern (vor allem Schulsprecher, dessen Vertreterin sowie Mitgliedern des SV-Vorstands) konnte erarbeitet werden, dass eine basisorientiertere Arbeit auch mit jüngeren Schüler/-innen gewünscht wird. Hieraus resultiert das Vorhaben, im Schuljahr 2008/ 2009 in möglichst vielen Klassen einen Schülerrat einzuführen, um den Schülerinnen und Schülern „von der Basis an“ Beteiligungsmöglichkeiten zu geben und somit ihr Interesse an einem Engagement zu fördern. Zur Unterstützung und Erhöhung der Akzeptanz seitens der Lehrerschaft wurde eine Arbeitsgruppe mit dem Vertrauenslehrer und interessierten Lehrkräften gebildet.


Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit an der Schule war ein Kooperationsprojekt mit der Initiative für Kinder- Jugend- und Gemeinwesenarbeit (IKJG), der Gemeinweseninitiative im Einzugsgebiet der Schule. Zusammen mit einem Mitarbeiter der Einrichtung und dem Klassenlehrer der 7. Hauptschulklasse wurde mit 16 Schüler/-innen ein Projekt zur Berufsorientierung erstellt und durchgeführt, das die langfristige Begleitung der Klasse bis zu ihrem Übergang in den Beruf, bzw. den Abschluss der Schule zum Ziel hat.

In diesem Zusammenhang wird die an Schulen etablierte Form der Berufsorientierung (Praktika, Berufsberatung, Betriebserkundungen etc.) angereichert und fokussiert durch selbst-reflexive Elemente. Hier sollte die Auseinandersetzung mit eigenen Stärken und Schwächen, individuellen Zielen und Wünschen im Fokus stehen. Im Rahmen der Arbeit standen regelmäßig Besuche von außerschulischen Lernorten wie dem Freizeitgelände der Stadt oder dem angrenzenden Stadtteil an. Eine erste Zielsetzung war es, zunächst eine wertschätzende Arbeitsatmosphäre in der Klasse zu schaffen.
Dies gelang vorrangig über situationsorientiertes Aufgreifen von Störungen. Auch wurde im ersten Projektjahr intensiv die generelle Bereitschaft der Schüler/-innen zur konstruktiven Mitarbeit im Projekt gefördert, um damit die Basis für die Fortführung und Vertiefung der selbst-reflexiven Arbeit zu schaffen.
Um verlässliche Kooperationsstrukturen zu schaffen, wurden an der Theodor-Heuss-Schule bisher zwei Runde Tische veranstaltet. Hierzu fanden sich, neben Vertretern der Schulleitung, die verschiedenen außerschulischen Träger ein, die an der Schule tätig sind. Dieser Austausch wurde von allen Teilnehmenden geschätzt und soll halbjährlich fortgeführt werden.


Richtsberg-Gesamtschule
Zu Beginn des Projekts im Mai 2007 wurde an der Richtsberg-Gesamtschule (RGS) ein Fragebogen zu den BLiZZ-Zeiten (BLiZZ: Bewegung und Lernen in individuellen Zeiten und Zonen) an der Schule durch die Schülervertretung (SV) erstellt. Mit den BLiZZ-Stunden ermöglicht die RGS unter dem Motto „Zeit gewinnen“ eine neue Strukturierung des Schulalltags unter partizipativer Mitgestaltung von den Schüler/-innen. Der Fragebogen wurde von allen Schüler/-innen ausgefüllt und später von der Schulleitung ausgewertet. Die SV konnte jedoch nicht an der Auswertung der Fragebögen beteiligt werden aufgrund des späten Zeitpunkts im Schuljahr und einigen Kommunikationsschwierigkeiten innerhalb der Schule. Als Ergebnis der Fragebogenauswertung und einiger Arbeitsgruppen zum Thema BLiZZ werden im kommenden Schuljahr 2008/09 die BLiZZangebote der Schule jahrgangsstufenweise erarbeitet und angeboten.


Die SV-Arbeit wurde im Schuljahr 2007/08 intensiv fortgeführt. Mitte des ersten Halbjahres fand ein SV-Wochenende im außerschulischen Lernort Wolfshausen statt. Hier wurden im ersten Teil Pflichten und vor allem Rechte einer SV ausführlich behandelt. Im zweiten Teil der Veranstaltung erstellte die SV eigenständig einen Arbeitsplan für das verbleibende Schuljahr. Schwerpunkte waren die Einrichtung eines neuen SV-Raums in der Schule und die regelmäßige Besetzung des Raums sowie das Aufstellen eines Heißgetränkeautomaten in der Schule, der schon seit langem von der Schülerschaft gefordert wurde. Beide Vorhaben wurden schon während des Wochenendes gestartet und in den folgenden Wochen sehr gut umgesetzt. Mittlerweile gibt es an der Schule einen neuen SV-Raum und der Heißgetränkeautomat wird von der Schülerschaft hoch frequentiert.

Sehr unterstützend für die erfolgreiche Weiterentwicklung der SV-Arbeit war und ist die gute Zusammenarbeit mit dem SV-Lehrer der RGS Michael Frank und Schulleiter Thomas Ferber. Beide standen jederzeit den Schülern zur Verfügung und ermöglichten die Gestaltung des SV-Raums durch Akquise von Geldmitteln. Der Besuch des Schulleiters am SV- Wochenende war sehr hilfreich, da die Schüler direkt mit ihrem Schuleiter in eine Diskussion kommen und ihm ihre Vorhaben erläutern konnten. Die Arbeit mit der SV und auch das SV-Wochenende soll weiter intensiviert und im kommenden Schuljahr wiederum ein SV-Wochenende durchgeführt werden.

Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt, war das Projekt „Cool sein, cool bleiben“ mit der Jahrgangsstufe sieben. Alle vier Klassen durchliefen einen eintägigen Workshop zu diesem Thema. In den Workshops ging es darum, den Kindern eine selbstbewusste aber gewaltfreie Haltung zu vermitteln, damit sie in Zukunft Konfliktsituationen gewaltfrei und de-eskalierend gestalten können. In vielfältigen Rollenspielen wurde vor allem der Bezug zu ihrem Schulalltag hergestellt. Die Resonanz der Schüler/innen und beteiligten Lehrkräfte war sehr positiv, so dass auch dieses Projekt im nächsten Schuljahr wieder stattfinden und ggfs. erweitert werden soll.

Abschließend betrachtet
, haben sich insbesondere an der RGS die Projektumsetzung und die Projektinhalte von einer eher SV-orientierten Arbeit an der Schule hin zur Integration von Arbeitsinhalten an außerschulischen Lernorten entwickelt. Lerninhalte mit partizipativem Charakter werden sukzessive in einen rhythmisierten Schulalltag integriert. Seitens der Lehrerschaft entwickelt sich zunehmend eine Akzeptanz zur Erweiterung von Unterrichtsinhalten und Unterrichtsorten. Verlässliche Kommunikationsstrukturen beginnen sich zu entwickeln, wobei hier durchaus noch Entwicklungsbedarf zu sehen ist.